Die Meisterschaft in Grönland ist entschieden
Bei uns ist die Saison gerade eben gestartet, in anderen Ländern dagegen ist schon wieder alles vorbei. Und da ich ja immer auf der Suche nach dem nicht ganz alltäglichen Fussballwahnsinn bin, ist die Grönlandmeisterschaft natürlich ein perfektes Thema für mich und für euch. Also auf geht die Reise, ab nach Kalaallit Nunaat, der größten Insel der Erde. Vor ziemlich genau einer Woche fand dort in Qeqertarsuaq auf der Diskoinsel / Westgrönland die alljährliche Fussballmeisterschaft unter der Führung des grönländischen Fußballverband (GBU) statt und mit einem mehr als überzeugenden 3:0 Erfolg holte der heimische G-44 im Finalspiel gegen den FC Mamaluk den Titel Heim auf die Diskoinsel. Sichergestellt wurde der Erfolg durch die überragenden Zeeb-Brüder. Zakorat (2 Tore, 1 Vorlage) und Hans-Jørgen (1 Tor) sorgten dafür, dass der FC Mamaluk in diesem Spiel nichts zu melden hatte. Ob man aber von den Zeeb´s jemals etwas in einer europäischen Liga hören wird, wage ich stark zu bezweifeln. Sagen wir mal sogar, es ist ausgeschlossen. Die grönländische Meisterschaft hat allemal Hobbyfussball Charakter, obwohl man in dem folgenden Videoausschnitt vom Finale auch ein technisches Schmankerl zu sehen bekommt.
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=4hWqktpOpng[/youtube]
Die Meisterschaft in Grönland bietet so einiges an Besonderheiten. Sehr auffällig ist vor allem, dass der Wettbewerb nur knappe 2 Wochen dauert und damit weltweit der wohl kürzeste ist. Die Meisterschaft wird durch einen Umstand in seiner Ausführung beeinflusst, der uns hier in Deutschland angesichts Rasenheizungen und Handschuhe für die Fussballprofis nur ungläubig den Kopf schütteln lässt. Das Klima beeinflußt auf der zum Königreich Dänemark gehörenden Insel so ziemlich alles und so auch den Fussball. Innerhalb kurzer Zeit wird im wärmsten Monat des Jahres , im August (Tagesdurchschnittstemperatur ca. 14 °C), die Meisterschaft ausgespielt. Innerhalb von nur zwei Wochen finden 5 Regionalturniere statt, in denen ca. 30 Vereine die Regionalmeister und damit die Teilnehmer der Finalrunde ausspielen.
Eine weitere Besonderheit des grönländischen Fussballs sind die Fussballplätze. Durch die sehr niedrigen Temperaturen auf der Insel wächst hier so gut wie kein Gras und damit ist natürlich auch der Weg für einen Naturrasenplatz nicht gegeben. Wie man in dem Video vom Finalspiel sieht, ist das den Fussballspielern Grönlands jedoch relativ egal. Das Finalstadion in Qeqertarsuaq liegt direkt an einem Strand mit dunklem Basaltsand und wird auf dem Meer eingerahmt von großen Eisbergen. Ganz in der Nähe, um genauer zu sein, direkt über dem „Stadion“ befindet sich übrigens einer der berühmtesten Aussichtspunkte für das Whale-Watching. Also wenn der ein oder andere Zuschauer von dem Finalspiel gelangweilt ist, dann kann er sich ja noch ein bißchen Natur geben…
Was gibt es jetzt noch für eine Besonderheit? Was wir sicher auch nicht so schnell glauben können, weil wir es auch gar nicht nachvollziehen können, ist die sehr weite Anreise von teilweise mehr als 2.000 km für die Teams. In Deutschland jammern die Verantwortlichen von Drittligaaufsteiger Holstein Kiel schon, weil sie für ein Spiel in der 3. Liga ins 945 km entfernte Burghausen fahren müssen. Tja, so etwas entlockt dem Grönländischen Fan nur ein müdes Lächeln…
Die Grönländer lassen sich von nichts in ihrer Fussballbegeisterung stören, jedoch werden ihnen hochoffizielle internationale Spiele noch verwehrt. Also keine Europa League oder Champions League auf der Insel, keine offizielen Länderspiele und auch keine Teilnahme Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften. Und das ganze nur, weil Grönland kein Mitglied der FIFA sein darf. Man würde zwar gerne dem Fussballweltverband beitreten, aber da hat der Sepp Blatter mit seinen Mannen etwas dagegen. In den letzten Jahren wurde als Ablehnungsgrund immer wieder die fehlenden Naturrasenplätze angegeben, was ein Verstoß gegen die FIFA-Regeln wäre. Allerdings wurde vor einigen Jahren genau eben diese Regel abgeschafft und somit würde formal einer Aufnahme Grönlands in die FIFA und damit einer Teilnahme an internationalen Turnieren nichts mehr im Wege stehen. Die FIFA sperrt sich jedoch immer noch dagegen, was meiner Meinung nach nur mit wirtschaflichen Gründen zu tun hat. Man will vermutlich einfach nur bessere und lukrativere Mannschaften, die mehr Zuschauer und Fans haben, im Verband haben. Um trotzdem mehr internationale Aufmerksamkeit zu erreichen, ist man genauso wie der in Deutschland angesiedelte Südniedersächsische Fussballbund Mitglied des alternativen Nouvelle Fédération Board (kurz: NF-Board) und nahm im letzten Jahr auch an der 2. VIVA-Weltmeisterschaft mit leider nur mäßigem Erfolg teil.
weitere Infos:
- Verband: Grönland Fussballverband (GBU) – www.gbu.gl
- Natioalmannschaft: Polar-Bamserne (= Die Polar-Teddybären)
- Konföderation: NF-Board – www.nf-board.com
- Nationaltrainer: Jens Tang Oelsen
- Nationalstadion: Nuuk-Stadion in Nuuk (Kapazität: 2.000)
Runkelruebe
Wahnsinn! Ich hatte ja nicht den Hauch einer Ahnung, dass es so etwas wie die GBU gibt. Danke für diesen Beitrag!
Habe dann noch die Seite http://www.transparencyinsport.com entdeckt – vielleicht wäre das ein Thema für Andrew Jennings, den Fifa-kritischen Journalisten?