WM-Geschichte: Das Wunder von Bern – WM 1954
Heute schauen wir mal ein wenig zurück in der Geschichte und schauen auf die Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz. Wir haben unsere zahlreichen Gedanken zu dem Turnier mal in einem Artikel zusammengefaßt und hoffen, das Ihr ein mit den angesprochenen Themen ein wenig angeregt werdet, Euch weiter über den ersten großen Erfolg unserer Nationalmannschaft zu informieren. Wie das Wunder von Bern abgelaufen ist und welche Mythos den Erfolg bis heute noch prägt, lest Ihr hier in den folgenden Zeilen…
In Jahr 1954 war der haushohe Favorit auf den Weltmeistertitel Ungarn. Das Endspiel, das überraschend mit einem 3:2 für die deutsche Elf um Kapitän Fritz Walter und Bundestrainer Sepp Herbergerausging, fand im legendären und inzwischen leider abgerissenen Berner Wankdorf-Stadion vor 60.000 Zuschauern statt. Die deutsche Nationalspieler werden seit diesem Endspiel als die „Helden von Bern“ gefeiert und in jedem deutschen Geschichtsbuch erwähnt. Inoffiziell wird der Titelgewinn sogar als die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet…
„Wir sind Weltmeister“
Dieser WM-Titel war aber nicht in sportlicher Hinsicht von immenser Bedeutung für Deutschland. Zum einen war Deutschland neun Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs noch immer von Entbehrungen und zahlreichen sozialen und wirtschaftlichen Problemen gebeutelt. Zum anderen war das Land zerrissen und der Begriff nationale Identität war etwas, das durch die schrecklichen Ereignisse des Nationalsozialismus, in eine vollkommen falsche Richtung geleitet worden war. Der WM-Titel brachte den Deutschen in dieser Zeit plötzlich ein Gefühl von Zusammenhalt und ein Gefühl des „Wir sind wieder wer“. Im Gegensatz zu anderen Weltmeistertiteln hieß es in diesem Jahr „Wir sind Weltmeister“.
Zusätzlich litt auch der deutsche Fußball selbst an den Folgen des zweiten Weltkrieges. 1945 löste die FIFA alle sportlichen Beziehungen zu Deutschland auf und verfügte zugleich ein Verbot für alle Mitgliedsverbände, in Sportbeziehungen zu Deutschland zu treten. Der DFB wurde aufgelöst und zahlreiche Nationen boykottierten die Nationalmannschaft offen. Die Fußball WM in Brasilien im Juni 1950 ging ohne die Deutschen über die Bühne, da das Team zwischenzeitlich kein Mitglied der FIFA war und nicht spielen durfte. Erst nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, wurde der DFB wiedergegründet und im September 1950 wieder in die FIFA aufgenommen. Neben der WM 1930 in Uruguay, blieb 1950 das letzte Jahr ohne WM-Teilnahme seitens der deutschen Nationalmannschaft.
Die „Magischen Magyaren“
Die ungarische Nationalmannschaft galt zu dieser Zeit als die beste Mannschaft der Welt. Vor dem Finale gegen Deutschland in Bern war die „Goldene Elf“, wie die Ungarn oft genannt wurden, amtierender Fussball-Olympiasieger und in 32 aufeinanderfolgenden Spielen unbesiegt. Eine formvollendete Demonstration der ungarischen Fußballkunst zeigten die „Magische Magyaren“, wie die ungarische Nationalmannschaft früher auch noch oft bezeichnet wurde, im November 1953. Man spielte vor 100.000 Zuschauern in Wembley gegen England und die Ungarn besiegten England mit 6:3 und markierten damit einen Einschnitt in der Geschichte des Fußballs von der Insel. Die Briten waren bis dahin nämlich noch nie vor heimischer Kulisse von einer Mannschaft vom Festland besiegt worden. Doch da war noch ein weiterer wichtiger Moment, der für das „Wunder von Bern“ von entscheidender Bedeutung werden sollte. Im Wembley Stadion saß der deutsche Bundestrainer Sepp Herberger im Publikum und notierte in sein Notizbuch, wo die Ungarn ihre Schwachpunkte in der Spieltaktik hatten. Bei dem folgenden Aufeinandertreffen im Finale der WM würde er von eben diesen Informationen Gebrauch machen.
Das Finale Deutschland – Ungarn und die Folgen
Der Beginn des Spiels war alles andere als positiv und ermutigend für die Deutschen. Bereits nach der achten Spielminute stand es 2:0 für die Ungarn. Doch die deutsche Mannschaft biss die Zähne zusammen und fand zurück ins Spiel. Zur Halbzeit stand es 2:2. Nach der Pause begann die Abwehr der Ungarn zu wackeln und in der 82. Minute konnte Helmut Rahn den entscheidenden Treffer zum 3:2 erzielen. Auch die letzten Offensiv- und Sturmanstrengungen vonseiten der Ungarn blieben erfolglos und Deutschland war Weltmeister. Kurze Zeit später überreichte Jules Rimet Mannschaftskapitän Fritz Walter den WM-Pokal.
Die deutsche Nationalmannschaft kehrte bereits mit dem Status von Helden zurück. Selbst ein Sonderzug wurde von der deutschen Bahn zur Verfügung gestellt, der sie nach Hause bringen sollte.
Die Folgen des WM-Titels waren für Deutschland weitreichend und wurzeln bis heute in essentiellen und grundlegenden Leitmotiven, unter denen der deutsche Fußball betrachtet wird. Deutschland erstarkte unter dieser sportlichen Errungenschaft und es entstand eine Aufbruchsstimmung aus den Jahren der Depression und des Identitätsverlustes. Die deutsche Nationalmannschaft hat mit ihrem Durchhaltevermögen und ihrer Unbeugsamkeit starke Emotionen in den Menschen wachgerufen. Als einer der wichtigsten Gründe für den WM Sieg der deutschen Nationalmannschaft galten die Prinzipien Fleiß, Disziplin und Zusammenhalt innerhalb eines Kollektivs. Sie werden der deutschen Art, Fußball zu spielen, bis heute attestiert und als Ursache für ihre herausragenden sportlichen Leistungen und Errungenschaften angesehen.
Mannschaftskapitän Fritz Walter, Trainer Sepp Herberger und Siegtorschütze Helmut Rahn erlangten nach der ruhmreichen WM 1954 Volksheldenstatus.
Der legendäre Kommentator
1954 gab es in Deutschland gerade einmal 20.000 Fernsehgeräte. Den Spielverlauf zwischen Deutschland und Ungarn konnten sich die meisten Menschen also nur im Radio anhören. In die Annalen ist auch die Radioreportage des Spiels von Herbert Zimmermann eingegangen. Beim 2:2 geriet er ob der Verteidigung von Torhüter Toni Turek so außer sich, dass er die Worte“ Turek, du bist ein Teufelskerl – Turek, du bist ein Fußballgott“ schrie. Dafür handelte sich Zimmermann Probleme vonseiten der Kirche ein und musste sich persönlich vor einem Kirchengremium verantworten. Im Jahr 2004 wiederholte der Deutschlandfunk als Hommage an das glorreiche Finale die gesamte Reportage von Zimmermann. Der NDR veröffentlichte diese sogar auf zwei CDs.
Der Schuhausrüster der deutschen Mannschaft bei der WM 1954 war übrigens ein Mann namens Adolf Dassler. Er führte für die damalige Zeit eine Novität in puncto Fußballschuhe ein: Schraubstollen. Der Vorteil, Stollen austauschen zu können, zeigte sich im Finale von Bern. Da es in Strömen regnete, wurden die Stollen der DFB-Elf in der Halbzeit ausgewechselt und somit den Spielgegebenheiten auf dem nassen Rasen angepasst. Der Mythos, dass der spätere Firmengründer der nicht ganz so unbekannten Sportartikelfirma Adidas so auch seinen Anteil am ersten Weltmeistertitel für Deutschland gehabt habe, hält sich bis heute noch…
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