Die Bundesliga goes 3D
Sonntage können schon schön sein. Die Sonne scheint, ich kann ausschlafen und wenn ich irgendwann am Nachmittag meine müden Knochen erhebe, kann ich gepflegt und ohne Stress Fussball gucken. Perfekt um ein Wochenende noch mal ruhig ausklingen zu lassen. Allerdings hat mir heute da die Telekom einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn sie haben mich zu einer Produktvorführung in die Allianz Arena in München eingeladen. Schön dachte ich mir, heute ist zwar kein Spiel in der Arena, aber wenn man schon in die heiligen Katakomben der großen Arena eingeladen wird, dann sagt man doch nie nein. Aber das war noch nicht alles. Das Thema bzw. das Produkt, das die Telekom heute vorgestellt hat, heißt „LigaTotal! in 3D“. Aha, dachte ich mir…ist ja interessant. Die Bundesliga wird jetzt in 3D übertragen, ja das muss man unbedingt sehen. Gehört hatte ich ja schon genug davon, seit im letzten Jahrn in England ein Pay-TV Sender schon mal groß Werbung mit seinem neuen Fußballerlebnis in 3D gemacht hat. Aber gesehen habe ich das natürlich noch nicht und das sollte sich heute ändern.
Kaum angekommen in der Telekom Lounge, nicht der Loge, gab es gleich mal den ersten Höhepunkt. Toni Kroos war unter den wenigen Gästen, beantwortete Fragen und wollte auch mal ein Bundesligaspiel in 3D erleben. Klar, er war nicht ganz freiwillig hier, dieser Illusion brauchen wir uns gar nicht hinzugeben, aber dass er von der Telekom für uns 6 Gäste extra engagiert wurde, zeigt, dass der Telekom ihr neues 3D-Produkt sehr wichtig ist. Und für uns Gäste war es natürlich sehr angenehm, dass ein Nationalspieler mit dir gemeinsam auf der Couch sitzt und Fernsehen guckt. Hat man ja auch nicht alle Tage…
Nun gut, jetzt habe ich aber genug geschwärmt von der Arena, von der Telekom und dem Event an sich, jetzt wird es Zeit mal das Produkt anzuschauen, zu beschreiben wie das Ganze funktioniert und auch ein paar lobende und ein paar kritische Worte zu verlieren:
Zur Technik und zur Funktionsweise:
Ich versuche das jetzt mal kurz und knapp zu beschreiben, äh und natürlich verständlich. Für alle diejenigen unter Euch, die sich mit der 3D-Ãœbertraungstechnik schon besser auskennen, wird das jetzt sicher langweilig, aber ich will hier nur kurz darstellen, was für ein Aufwand hinter einer 3D-Ãœbertragung steckt und was auf den Zuschauer daheim zukommt.
- Im Stadion wird jetzt jedes Bild mit zwei Kameras gefilmt anstatt mit einer. Die Kameras können ähnlich wie unsere Augen das Bild gleichzeitig von links und von rechts fokussieren. Dadurch entstehen zwei Blickwinkel (Kamera 1: linker Blickwinkel einer Szene // Kamera 2: rechter Blickwinkel einer Szene)
- Die aufgenommenen Bilder werden nebeneinander in ein HD-Signal verarbeitet
- Ãœbertragung auf einen 3D-Prozessor bzw. einen 3D-Receiver (Wegen der großen Datenmenge ist Satellit oder HD-Glasfaser nötig, TV-Signal in 1080i/50)
- Ein spezieller Fernseher ist für die Darstellung der Bilder in 3D nötig. (Kostenpunkt derzeit ca. 2.500 Euro)
- Der Zuschauer kann nur mit einer speziellen 3D-Brille das Bild richtig sehen. Durch die Brille werden die Bilder für das linke und für das rechte Auge zusammengeführt. Das Gehirn erzeugt aus diesem Bild dann den 3D-Effekt. Ohne diese Brille sieht man nur ein verschwommenes Bild bzw. die beiden Bilder in grün und rot werden übereinander gelegt. Sieht natürlich nicht schön aus, aber sobald man die Brille, die ähnlich einer Sonnenbrille aussieht, aufgesetzt hat, ist das Bild klar und scharf.
Positiv:
Es ist fast unbeschreiblich. Das TV-Bild hat eine Tiefe und man denkt, dass man eigentlich mitten drin ist in dem Fernsehgerät. Das springen einem die Bilder entgegen, so wie z.B. die Mannschaftsaufstellung zu Beginn des Livespiels. Es ist schon ein sehr schönes Gefühl, wenn man zum Ersten mal dieses Erlebnis hat, dass Bilder das Fernsehgerät verlassen und auf einmal vor einem im Raum stehen. Genau so fühlt man sich, wenn die Kamera einzelne Spieler zeigt, oder den Torwart beim Abstoss. Das Tornetz im Vordergrund, dahinter den Torwart und noch weiter dahinter die restlichen Mitspieler und all das bewegt und in Farbe. Ne Spass beiseite, klar ist das alles in Farbe und bewegt, aber was so fantastisch daran ist, ist die Tatsache, dass es funktioniert und man auf einmal ein ganz anderes Fußballerlebnis hat.
Negativ:
Leider gibt es auch negative Punkte, die zwar jeder etwas anders empfinden wird, die ich jedoch auch als störend empfunden habe. Und darum werden sie hier auch erwähnt. Am schlimmsten fand ich, dass das 3D-Fernsehen sehr ermüdend für die Augen ist. Nach 20 Minuten war bei mir erst mal Schluss, ich brauchte eine Pause und hab am Ende der 90 Minuten sogar leichte Augen- bzw. Kopfschmerzen. Das liegt daran, dass die Augen ständig arbeiten müssen, sie fokussieren beständig neu und leiten viele Bilder an das Gehirn weiter und so ist man je nach Augenkondition früher oder später fertig. Tja, gestern habe ich bei meinem normalen 2D-Fussballerlebnisse ganz locker 90 Minuten durchgehalten und dabei etliche Bier getrunken, das war heute nicht so möglich. Dafür war das ganze einfach zu anstrengend. Ich denke jedoch, dass man sich das Durchhaltevermögen für das 3D-Fernsehen antrainieren könnte, nur anstrengender als das normale Fernsehen wird es immer bleiben. Technisch bedingt ist die Brille abgedunkelt. Das ist natürlich doof, denn so wirkt das ganze Spielfeld dunkler. Heller machen geht auch nur bedingt, denn sonst verliert man wiederum Bildinformationen in hellen Bereichen. Ok, damit kann man leben, aber als negativen Punkt erwähne ich es trotzdem. Man verliert nach Auskunft eines Technikers ungefähr eine Blendenstufe bei der Helligkeit und jeder der sich ein klein wenig mit Fotografie auskennt, der weiß, dass das eigentlich gar nicht so wenig ist. Ein letzter Einwand ist das Flimmern, das mit der Brille rund um den Fernseher zu sehen ist. Helle Stellen, Lampen, Beleuchtungen und auch Strukturen und Muster an den Wänden flimmern und das ist unschön und zusätzlich anstrengend für das Auge. Gut auch das ist ein Punkt, den man relativ leicht beheben kann, indem man störende Lichtquellen einfach ausmacht oder vielleicht sogar ein schwarzes oder weißes Tuch hinter den Fernseher hängt.
Die Bilder für die 3D-Liveübertagung kommen von der DFL-Tocher Sportcast, die aber nur für ein einziges Spiel pro Spieltag 3D Bilder produzieren wird. Das schränkt natürlich das Interesse vieler Fans ein, denn nur wegen dem 3D Effekt schaut sich doch ein Fan des FC St. Pauli jetzt nicht den Hamburger SV an. Da muss noch einiges getan werden, allerdings habe ich auf Nachfrage beim anwesenden Telekom-Pressesprecher auch schnell erfahren, wo eines der Probleme liegt. In mehreren deutschen Stadion gibt es baulich bedingt nicht die Möglichkeit eigene 3D Kameras und zusätzliche Kameraschienen zu verlegen und daher können auf absehbare Zeit einfach nicht alle Spiele übertragen werden. Dieses eine Spiel, was man jetzt aber überträgt bzw. was produziert wird, ist auch so etwas wie ein Langzeittest und damit einfach mal ein guter Anfang. Aber irgendwer muss ja mal den Anfang machen mit der neuen Technik und das tut die Telekom und das kann man ihr schon mal hoch anrechnen.
Das wichtigste wird aber trotz der negativen Punkte nicht gestört. Das Bierglas ist nämlich auch mit Brille noch ohne Probleme zu finden und zu greifen, sogar das Trinken funktioniert. Man sollte nur daran denken, die Brille vor dem nächsten Gang zur Toilette abzunehmen, nicht weil man irgendwas verschwommen sehen würde, sondern weil es einfach alles dunkler macht und nicht jede Toilette perfekt ausgeleuchtet ist. Sonst geht das schnell was schief und das will man ja nicht…
Kostenfaktor:
Kommen wir damit zum letzten Punkt, der uns noch interessiert hat. Mit welchen Kosten muss ich Rechnen und ist es mir das wert? Punkt Eins mit den Kosten kann ich ungefähr beantworten, so aus dem Kopf heraus versuche ich mal alles was ich heute gehört habe zu rekonstruieren.
- 3D-Fernsehgerät + 3D-Brille: ca. 2.500 Euro
- Telekom VDSL + Enterain: ca. 45 Euro
- Kopfschmerztabletten bis man 3D-Fernsehen gewöhnt ist: ca. 1 Euro pro Spiel
Die Anschaffungskosten sind schon noch sehr groß, aber in ein oder zwei Jahren könnte das schon sehr erschwinglich sein. Der Paketpreis der Telekom ist dafür nicht so hoch, das muss ich hier mal auch als Nicht-Telekom-Kunde neidlos zugeben. Allerdings gibt es das Paket natürlich nur in größeren Städten, also überall dort, wo Highspeed-DSL nötig ist. Ohne das schnell DSL geht es nicht, denn es werden einfach zu viele Daten übertragen. Landbewohner sind es ja schon gewohnt, sie haben wie immer mal wieder nichts von dieser technischen Neuerung.
Was bleibt jetzt als Fazit übrig. Soll man sich in Unkosten stürzen und unbedingt die neue Technik kaufen? Ich weiß es nicht, schön waren die Bilder schon, aber mich persönlich haben sie nicht überzeugt. Mir ist das auch (noch) zu blöd, immer eine Brille zum Fernsehen aufzusetzen oder auch nur ein einziges Spiel, das ich nicht mal auswählen kann, anzusehen. Gut, es muss jeder selber wissen, ich werde hier keine Tipps geben und euch nur verraten was ich selber tun werde. Ich werde weiterhin wie schon die letzten Jahre auch zum Fussball schauen in die Kneipe nebenan gehen und mir dort ein paar Bier und natürlich ein Schnitzel mit Pommes genehmigen und mich weiterhin an der großen Leinwand erfreuen. Ich selber bin noch nicht so weit, vielleicht seid ihr es ja…
P.S. Jetzt habe ich doch glatt vergessen mich zu bedanken. Vielen Dank für die Einladung in die Allianz Arena, war ein schöner und interessanter Sonntagnachmittag.
Bildquellen: Toni Kroos (mit freundlicher Genehmigung der Telekom), alle anderen Bilder Tobias Volke
Wacker Fan
Schöner Bericht… Freu mich schon, wenn zur WM in Quatar alle Spiele nur noch in 3D ausgestrahlt werden und beim Public Viewing dann alle in Skianzug (ist ja Winter) und 3D Brille stehen…
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Hanse
Dieses neumodische Zeug braucht doch keiner! Hauptsache es gibt Bier, paar nette Spielzüge, gepaart mit geilen Fouls, dann passt das schon – 3D oder nicht, a Gaudi muss es sein.